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in: künstlerhaus (hg.): niemandsland - modelle, wien, 2004


Das niemandsland ist kein öffentlicher raum. Es ist ja niemand da, die/der einen öffentlichen raum konstituieren könnte. Eine(r) allein würde auch nicht reichen, selbst zwei oder - sagen wir eine gruppe von künstlerInnen schafft noch keinen öffentlichen raum. Sie können eine enklave schaffen, also etwas das das nicht-eigene ausschließt. Man hat sich dann seinen platz gesichert.
Zudem steckt im terminus niemandsland nicht nur der imperativ zur besetzung - der wille zur okkupation - er behauptet auch eine nichtexistenz: Er negiert das was da ist, um für sich selbst platz zu machen.
Wo immer besitzansprüche erhoben (und realisiert) werden ist es um den öffentlichen raum geschehen. Im öffentlichen raum hat niemand einen gesicherten platz - weil er platz für alle zu sein hat. Was immer im öffentlichen raum passiert bzw. passieren kann ist grundsätzlich offen und passiert in übereinkunft der benützerInnen. Das ist idealtypisch gedacht - in der realität hat sich ein gewisser grundkonsens herausgebildet, der nicht mit jedem betreten erneut ausgehandelt werden muß. Der öffentliche raum ist eben auch der raum, den man selbstverständlich, ohne viel nachzudenken - gedankenverloren - benützen will: Der einem nichts abverlangt, schon gar nicht außerordentliche aktivitäten.
Es ist aber auch nicht so, dass das was im öffentlichen raum passieren darf unveränderlich wäre. Das spannende am öffentlichen raum ist seine anpassungsfähigkeit an gesellschaftliche erfordernisse ohne das deswegen gleich die ganze judikatur umgeschrieben werden müßte.
Das aus soziologischer sicht zentrale moment ist seine (soziale) integrationsfähigkeit. Ein wirklich öffentlicher raum zeigt die ganze soziale bandbreite einer gesellschaft. Ein umstand der auch deswegen immer größere herausforderungen an den einzelnen stellt, weil die bandbreite bzw. die damit verbundene differenz größer wird.   

Der ruf nach dem niemandsland ist so betrachtet reaktionär und fördert den - zu recht - beklagten schleichenden verlust des öffentlichen raums. Die hinwendung zum niemandsland ist eine flucht aus der komplexität gesellschaftlicher wirklichkeit in kommunenartige nischen („szenen"), die sich nicht nur gegenseitig voneinander abschotten, sondern die auch das ihnen andere nicht mehr sehen - geschweige denn mit ihm in austausch treten wollen: aus den augen, aus dem sinn.
Wenn der öffentliche raum in einzelne communities, die nichts miteinander zu tun haben wollen zerfällt, dann kann man vom öffentlichen raum nur mehr träumen. Am besten indem man sich in den urzustand des niemandslandes zurückversetzt und modelle für eine idealere wirklichkeit erstellt.

Stattdessen wäre es höchst an der zeit, dass künstlerinnen nicht an der erstellung eigener enklaven arbeiten, sondern sich der unangenehmen wirklichkeit des jedermannsraum stellen, dort mit ihrer eigenen existenz mitmischen und ihn bereichern. Man ist dann zuallerst gefordert differenz auszuhalten, im weiteren aber vielleicht auch einen produktiven umgang mit differenz zu proben.   

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