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Klapp-Akademie:"Wohn- und Arbeitsprojekte in den Nachwendejahren"
 
Radtour im Rahmen von "Formate des Wir"/NGBK, Berlin, 2013


Samstag, 17. August 2013
Treffpunkt: Ausland, Lychener Straße 60
Fahrräder und Klappstühle bzw. Campinghocker sind mitzubringen.

Es werden Orte angesteuert, die ungeklärte Eigentumsverhältnisse und den Leerstand innerstädtischer Immobilien im Nachwende-Berlin nutzten, um alternative Produktions- und Wohnformen zu entwickeln. Vor Ort wird Platz eingenommen, ehemaligen und aktuellen Protagonistinnen und Protagonisten geben eine Einführung in ihre Projekte und anschließend wird gemeinsam diskutiert.

...
(Auszug aus den Gesprächen)
Lychener Straße 60 – „Ausland 60”
#00:00:17-5# Peter Arlt:
Ich war - das vielleicht nur zu meiner Person - von 1995 bis 2001 in Berlin, bin also schon seit über zehn Jahren nicht mehr da, kenne daher auch vieles nicht mehr. Ich habe hier [deutet auf das Ausland] auch nie gewohnt, habe aber ein Projekt gemacht. Ich nehme an, der Sand hier ist noch von damals. [Stimme aus dem Off: Ja]. Wir haben ein Bad gebaut - das „Bad Ly“. Wir haben Bauschuttcontainer organisiert und Wasser eingefüllt und den Sand, der nie weggekommen ist. Aber vielleicht fangen wir ganz von Beginn an. Benni, wie ist das hier entstanden?
#00:02:04-5# Benjamin Foerster Baldenius:
Angefangen hat es eigentlich ohne dem Haus. Es gab die Gruppe, bevor es die Idee gab, in diesesHaus einzuziehen. Das war ein Zusammenschluss studentischer Kreise. Es gab eine Wohnungsnotinitiative Ende der 1980er-Jahre, die hauptsächlich von Leuten aus dem Fachbereich Architektur an der UdK, wo ich auch studiert habe, organisiert wurde. Aber auch andere, die an der TU studierten und die sich für dieses Thema interessierten, waren dabei. Das hing natürlich stark mit der Hausbesetzerbewegung damals zusammen: die Besetzung der Mainzerstraße und die ganzen Turbulenzen zu der Zeit. Wir haben uns natürlich irgendwie
verantwortlich gefühlt. Man musste sich ja als kommende Generation von Architekten und Stadtplanern mit dieser Frage von Urbanität auseinandersetzen. Wir haben dazu Manifeste verfasst und Demonstrationen organisiert. Und eine dieser Demonstrationen ging auch vorbei an der SPD-Parteizentrale in der Badstraße im Wedding. Der damals für den Wohnungsbau Zuständige in der SPD-Fraktion sagte dann: „Ja, das geht doch alles. Wenn ihr sagt, ihr wollt ein Haus - es stehen ja genug leer - dann kriegt ihr schon eins. Aber einfach so besetzen ist illegal.” Dann haben wir als Gruppe beschlossen, dass es diesen Feldversuch geben soll, dass man sich legal um ein Haus bewirbt: das Haus von der K77 fanden wir damals nicht
so interessant und dieses hier war eine Totalruine. Das Dach war kaputt, der Seitenflügel hatte überhaupt keine Fenster mehr, die anderen Bereiche auch kaum. Die Dielen waren alle geklaut und in anderen Häusern eingebaut worden und es gab nur noch zwei funktionierende
Öfen. Es war wirklich total kaputt. Aber es war eben eine interessante Lage hier in diesem Kiez, wo ja noch gar nichts so richtig los war.
#00:04:13-9# PA:
Das heißt, dass nicht ihr das Haus gesucht habt, sondern ihr konntet euch aus einem gewissen Pool Häuser anschauen. […]
#00:05:03-7# BFB:
Nein, wir sind durch die Gegend gefahren und haben so Locationscouting gemacht und haben uns dann eins rausgesucht und nachgeforscht. Und dieses Haus hier war in der Verwaltung
der Wohnungsbaugesellschaft von Prenzlauer Berg von der WIP [Anm.: Wohnungsbaugesell-schaft Prenzlauer Berg], aber nicht im Besitz der WIP. Es hatte einen seltsamen Zwischen-status. Es war eigentlich immer in Privatbesitz geblieben, aber es war zwangsverwaltet worden, auch schon während der DDR-Zeit. Es ist also nie in den Bestand der Wohnungsbau-gesellschaft übergegangen.
#00:05:38-9#: Bewohner des Auslands [stößt zu der Gruppe]:
Entschuldigung, darf ich mal kurz fragen, seid ihr von Berlin hier…gerade auf Fahrradtour?
Ich wollte mal wissen, wie ihr den Platz hier seht, als ihr hier angekommen seid? [Antwort unverständlich] Tut mir leid, ich wohne hier, wir haben das gestaltet und es ist eigentlich nicht selbstverständlich, dass man hier Parkplätze zustellt.
#00:06:01-0# PA: Tut mir leid.
#00:06:01-0# Bewohner des Hauses: Tut mir auch leid.
#00:06:07-1# PA:
Du wirst Benni nicht kennen und Norbert auch nicht. Wir reden über den Ort, wie er entstanden
ist.
#00:06:23-8# Bewohner des Hauses:
Super, cool! Da wäre ich gerne dabei… [Gespräch geht unkoordiniert weiter - Bewohner entdeckt Benni] Hallo Benni, tolle Arbeit. Hast du hier gelebt? Wie lange hast du hier gelebt?
#00:07:32-5# BFB: Dreizehn Jahre.
#00:07:32-5# Bewohner des Hauses:
Echt? Schön. Ich bin ganz begeistert davon und ihr seid so Geister, die so rumschwirren, als die, die das gemacht haben. Wir möchten euch ja gerne mal treffen. [Verabschiedet sich.]
#00:06:36-3# N.N.:
Ich wollte hier gerade einhaken. Ich kenne dieses Haus seit 1993. Im Keller war ein Club, ein
Veranstaltungsort mit Bar. Im Haus wohnten Künstler. Das Haus war schon irgendwie ganz schön verloddert. Ich weiß nicht, wie die Verwaltungszustände gewesen sind - das kann alles so sein [mit Verweis auf B.F.B.], aber auf jeden Fall war hier schon vorher eine Struktur. Es war auch ein Veranstaltungsort, eine lebendige Stadtteilgeschichte, an die dann angedockt wurde.
#00:08:54-0# BFB:
Wir sind 1991 hier rein. Es gab drei Leute, die sich getraut haben, den ersten Winter da drinnen
zu verbringen und das erste, was wir im Frühjahr gemacht haben, war diesen Club aufzumachen. Also erst mal eine Kneipe, das war überhaupt das Wichtigste. […] Als wir gekommen sind 1991, war nur eine Katze da.
#00:11:06-9# Norbert:
Ich kam über einen Freund, der von Anfang an dabei war, in das Haus. […] Das Erste, was
gemacht wurde, war entrümpeln. Soweit ich weiß, wurde von Anfang an mit dem Senat verhandelt. Es war also keine Besetzung. Es gab damals die sogenannte Selbsthilfe. Die Eigentumsverhältnisse waren unsicher. Es hat also eine Weile gedauert, bis der Senat sein Okay gegeben hat, obwohl die Angelegenheit nicht genau geklärt war: die haben noch nach dem Eigentümer gesucht. Den Pachtvertrag haben sie aber trotzdem gemacht. Der Pacht-vertrag war auf 25 Jahre angelegt. Für diese Zeit wurde die Anzahl der Bewohner und eine Höchstmiete festgelegt. Es ging praktisch um sozialen Wohnungsbau und entsprechend gab es bestimmte Standards einzuhalten. Die Miete ist heute sehr günstig, circa 150 Euro. Der
Vertrag läuft bald aus. Er wurde also vor 20 oder 21 Jahren abgeschlossen.
#00:15:45-6# BFB:
Mit der WIP wurde ein Pachtvertrag abgeschlossen. Die Grundvoraussetzung hierfür war, dass
wir ein Selbsthilfeprojekt machen mit Förderung vom Senat. Dafür mussten wir eine staatlich anerkannte Selbsthilfegruppe sein. Es gab also ein paar Hürden. Dann aber wurde dieser
Pachtvertrag abgeschlossen, allerdings mit der Gesellschaft, die das Haus in Zwangsver-waltung hatte. Und dann ist sieben oder acht Jahre später der Neffe der Altbesitzerin aufge-taucht und wollte das Haus zurück haben. Er stand vor der Tür und sagte: „Das ist alles meins”,
und wir so: „Ha, ha, ha, was für ein Quatsch!” Wir waren nicht ungeschickt. Wir hatten uns vorher abgesichert, dass für eben diesen Fall der Vertrag Bestand hat. Es ist nachgeforscht worden, ob es Besitzer gibt; die sind aber nicht gefunden worden. Und dann war es rechtlich so, dass das Haus zwangsverwaltet werden musste. Das heißt, der Eigentümer hatte nun ein Haus mit Hippies, die 25 Jahre lang 1 Euro pro Quadratmeter bezahlen. Da meinte er: „Nun gut, wollte ihr das nicht kaufen?”, da meinten wir: „Klar!“ und haben uns ausgerechnet, was wir mit dem geförderten Kredit über die nächsten 25 Jahre zahlen würden und das haben wir ihm dann angeboten. Wir hielten das für fair; das waren aber nur 400.000 DM. Dann hat er sich zwei Jahre nicht gemeldet. Er hatte Finanzprobleme und hat das Angebot letztlich angenommen.
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