IN DIE STADT EINMISCHEN
in: Bina, Hauenfels, Krasny, Potocnik: Architekturführer Linz 1900 - 2010, Wien, 2012 |
Mein Einmischen in die Stadt begann eigentlich schon 1983. Da zog ich endgültig von zuhause aus und in ein pseudobesetztes Haus auf dem groß das Wort „Stadtökologie“ draufstand. Ich hatte keine Ahnung was das eigentlich bedeuten sollte, wichtiger war, dass die anderen Bewohner ähnlich „alternativ“ dachten und lebten wie ich. Der Standard war bescheiden, Bad gab es keines, die Klospülung erfolgte per Eimer, geheizt wurde mit allerlei Holz.
Die Nachbarhäuser sahen ähnlich aus, die Politik sprach von Ratzenburgen und Totalsanierung - also Abriss.
Der Stadtteil, genauer, das Quartier, hieß Alt-Urfahr-Ost, bekannt vor allem durch die Stadtwerkstatt, die sich mit den letzten verbliebenen Bewohnern zu einer Bürgerinitiative zusammenschloss um den Abriss zu verhindern.
Richtig aktiv wurde ich aber eben erst 1986 als frischgekürter Soziologiemagister in der vom Bautenministerium finanzierten „Arbeitsgruppe sanfte Stadterneuerung Alt-Urfahr-Ost“.
In der amtlich befugten Kommunalpolitik kamen neue junge Männer an die Macht und mit ihnen setzte Mitte der 1980iger auch im Magistrat ein Gesinnungswandel ein: Bürgerinitiative-Bürger saßen in der Jury, Alt-Urfahr-Ost wurde nicht zur Gänze abgerissen und die Stadtwerkstatt hat überlebt.
Aus heutiger Sicht waren die späten 1980iger eine bemerkenswerte Zeit: Es gab einen neuen, kreativen und selbstbewußten Stadtplanungsdirektor, ein Gestaltungsbeirat wurde installiert, ein offenes Diskussionsforum zu Fragen der Stadt („Zukunft Stadt“) vom Amt initiiert oder die Publikationsreihe „Bauart“ gestartet.
Diese Zeit ging allerdings schnell vorüber. Einzig der Gestaltungsbeirat existiert – mutiert zu einem Geheimzirkel - heute noch.
Aber nicht so schnell. Ich war weiterhin voller Tatendrang und das Amt offen: ein Konzept für „500 Jahre Linz“, ein Entwicklungskonzept für Linz Ost, ein Symposium - „Stadt wohin“ - an der VHS, nahm teil an magistratsiniitierten Expo-Arbeitskreisen (Wien – Budapest), die aber infolge der Expo-Absage nur ein paar Monate dauerten.
Meine ersten Lehrjahre waren damit abgeschlossen. In den 1990er Jahren verlagerte ich meine kommunalpolitischen Aktivitäten in Richtung Kunst. Ich fragte meine Szenekollegen (und mich) bei einer Klausur im Voestgelände: „Was fehlt uns?“ um anschließend gemeinsam mit den „FABRIKANTEN“ – unter Ausschluss der Öffentlichkeit - das Geh-Projekt „Areal Linz Ost“ von 1991 bis 1995 durchzuführen. Es war sozusagen die zenbuddhistische Phase meiner kommunalpolitischen Karriere.
Anschließend unterbrach ich diese Karriere und ging für ein paar Jahre nach Berlin, wo ich gemeinsam mit anderen die Stadt entsprechend unseren damaligen Vorstellungen umbaute. Das ging meist überraschend einfach und problemlos, bis auf eine kleine Intervention seitens der befugten Behörde, die uns das Betreiben eines öffentlichen Schwimmbades untersagen wollte. Eigentlich hatte ich damals mit Behörden gar nichts zu tun - vom Arbeitsamt mal abgesehen. Man ließ sich gegenseitig in Ruhe. Die Berliner Behörden mussten sich in der Nachwendezeit erst einmal selbst finden, vermute ich, jedenfalls hatten die weder Geld noch Macht um unsere Aktivitäten zu unterstützen. Das hatte auch Vorteile: Man musste nicht erst langwierig sich was ausdenken-einreichen-warten..., sondern man konnte gleich ans Umsetzen gehen. Auflagen gab‘s nicht und jeder haftete für sich selbst. Das hatte etwas Befreiendes. Nebenbei lernte ich auch zwischen kritischen Geistern und Machern zu unterscheiden. Die einen kamen über‘s Reden – und Kritisieren nicht hinaus, den anderen fehlte es zwar manchmal an Reflexion, dennoch war da – für mich – die Energie zuhause.
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