peter arlt, judith laister (hg.): S.U.P.
beiträge zu aktionen im öffentlichen raum, graz, 2005 |
Peter arlt
einübung in den unmittelbaren dialog
die vorgabe war nicht ohne, jedenfalls ungewohnt.
Einerseits mit einem realisierten projekt sich öffentlich kritikerInnen stellen -andrerseits, für die kritikerInnen, vollkommen unvorbereitet auf ihnen unbekannte projekte zu reagieren und in einen dialog zu treten.
Es ist der versuch mit einem setting gleich meherere fliegen auf einen schlag zu erwischen.
Zu allererst dem routinierten überraschungsfreien abspulen von symposiumsvorträgen entgegenzuwirken, bei denen jedeR ihr/sein revier nicht zu verlassen braucht. Nur selten wird dabei aufeinander eingegangen, werden gegenseitige bezüge hergestellt, entsteht ein austausch, der über das bereits gesagte hinausführt. Man konzentriert sich auf den eigenen vortrag. Wobei der klassische vortrag ohnehin im aussterben begriffen ist und man auch eher von performances sprechen muß. Kriterien wie bühnenpräsenz, rhetorik oder humor werden in zusammenspiel mit power point maßgeblich. Der kritiker, theoretiker, wissenschaftler wird immer mehr zum autonomen vortragskünstler und unfähig jenseits seiner eingespielten performance mit anderen zu interagieren. Die fähigkeit ad hoc auf präsentiertes zu reagieren und durch ein „suchendes denken", im austausch mit referentInnen, anderen kritikerInnen und publikum, die stärken und schwächen eines projekts herauszuschälen mußten die kritikerInnen beim symposium s.u.p. unter beweis stellen.
Dann ging es aber auch darum projekte aus der eigenen stadt, die nicht oder nur sehr beschränkt eingang in die medienwelt gefunden haben eine öffentliche plattform zu bieten, allerdings eine nicht ganz ungefährliche. Denn städte wie graz oder linz besitzen zwar eine beachtliche kunstproduktion, aber es fehlt an kritik. Man kennt einander - und tut sich nicht weh. Insofern ist man kritik nicht gewohnt und man ist auch nicht geübt im umgang mit kritik.
Im übrigen ist das in wien oder berlin nicht grundlegend anders: die kunstgemeinde diskurst alle möglichen felder ab, aber die eigene arbeit bleibt dabei außen vor. Das ist insofern von interesse, weil im persönlichen gespräch sehr wohl das fehlende feedback zur eigenen arbeit als manko gesehen wird, dass der eigenen beruflichen weiterentwicklung in wege steht. Die einsicht in die notwendigkeit steht die scheu vor dem (potentiellen) konflikt im wege.
Die teilnehmenden projektaktivistInnen wie kritikerInnen haben jedenfalls mut bewiesen, indem sie ihre angestammten diskursformen und öfelder verlassen haben und sich auf das wagnis eines unmittelbaren dialogs eingelassen haben, auch wenn er manchmal übers ziel hinausschoß, schlicht nicht ankam oder manche in seiner direktheit und schärfe überraschte.
Damit aber nicht genug. Die ausgewählten projekte widerspiegeln zwar alle personenbezogene praktiken (und keine installationen oder objekte) im öffentlichen raum. Sie entziehen sich aber einer eindeutigen verortung in einer disziplin - im gegenteil: sie entfalten ihr leben erst in jener grauzone von kunst-alltag-sozialem. Daher wurden auch kritikerInnen aus unterschiedlichen bereichen eingeladen um eine sichtung dieser grauzone zu erreichen - sozusagen ein fischen in trüben gewässern.
Das dialogische sphärenübergreifende prinzip hat sich auch in dieser publikation niedergeschlagen. Die diskussionsgrundlagen, je drei projekte aus graz und linz werden noch einmal präsentiert, ebenso wie ein kleiner diskussionsausschnitt aus dem grazer symposium. Ansonsten haben wir die kritikerInnen wie auch besucherInnen der beiden veranstaltungen um kleine persönliche texte gebeten, in denen das, was einem bei den symposien auf- oder angeregt hat, weitergesponnen werden sollte.
siehe auch: kommunikationsformate: S.U.P., 2004