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HERR K. und der BEHÖRDENAPPARAT
 
Radiofeature, 53 min., Festival der Regionen, 2013


Wie lebt es sich am Land, wenn die eigene Lebensweise etwas abseits der angesehenen und akzeptierten liegt ?
Oder: Wie arm darf man sein ohne mit bestehenden Gesetzen in Konflikt zu geraten ?
Behördliche Akten sind auch der Ort dörflicher Randexistenzen, die darin - in wahrsten Sinn des Wortes - aktenkundig und damit sichtbar werden.

Im vorliegenden Fall führen die erheblichen Kosten, die mit einem verpflichtenden Kanalanschluss einhergehen nicht nur zu einem jahrelangen und bis heute nicht abgeschlossenen Verfahren, sondern auch zu einer Reihe anderer rechtlicher Verwicklungen, deren Absurdität beinahe vergessen lassen, dass dabei die Existenz eines Menschen auf dem Spiel steht.

(Dieser Fall wurde ausschließlich aus dem bestehenden Aktenmaterial rekonstruiert. Lediglich Orts- und Personen-namen wurden anonymisiert)



1. Akt: Der Kanal, Sommer 2008 – Winter 2009/10

Die Gemeinde erinnert K. an die Kanalanschlusspflicht. K. erklärt seinen ökologischen und sparsamen Umgang mit Wasser. Das wiederum ruft die Bezirkshauptmannschaft auf den Plan, die Hr. K. – zwecks Lokalaugenschein – besucht. Seine Entsorgungspraxis (in die eigene Wiese leeren) missfällt der Behörde. K. beruft solange bis das Land Oberösterreich feststellt: Er darf zwar sein Wasser auf die Wiese entsorgen, - das ändert aber nichts an seiner Kanalanschlusspflicht: Egal ob sauberes oder gar kein Wasser eingeleitet wird: Wer im Umkreis von 50 Meter eines Kanalstranges wohnt hat sich anzuschließen. Punkt. Aus


2. Akt: Die Kultur, Winter 2010

Die Gemeinde will ein Nebengebäude, eine ehemalige Autobusgarage, in der K. seit Jahren Kulturveranstaltungen durchführt, ebenfalls an den Kanal angeschlossen wissen. K. will das gar nicht einleuchten, besitzt diese Garage doch keinerlei Wasserleitungen. Die Gemeinde sieht dies zwar ein, untersagt aber im Gegenzug jegliche kulturelle Nutzung, solange K. keine Umwidmung durchführt. Erst durch eine Umwidmung könnte eine Veranstaltungsstätten-Bewilligung erteilt werden, wobei K. dann auch für Wasserleitungen, Toiletten u.ä. zu sorgen hätte.


3. Akt: Kultur und Polizei, 2010

K. studiert das Gesetz, findet Ausnahmen und veranstaltet unbeirrt weiter: Die Gemeinde führt einen Lokalaugenschein in der Garage durch und schickt immer wieder die Polizei vorbei, die aber nicht so recht weiß, was sie tun soll.


4. Akt: Verbot eines Tanzkurses, Winter 2010/11

Die Gemeinde unterbindet unter Zuhilfenahme der Polizei einen Landler-Tanzkurs. K. beruft. Die Gemeinde ist sich ihrer Sache nicht mehr sicher und holt sich Hilfe vom Land Oberösterreich. Eine Gutachterin erklärt einen Landler-Tanzkurs zur Tanzveranstaltung und bestätigt das Tanzkursverbot. K. beruft immer wieder bis ihm schlussendlich das Land Oberösterreich überraschend doch Recht gibt.
Ansonsten bleibt alles beim Alten: Die Gemeinde verbietet, die Polizei überprüft und K. veranstaltet munter weiter und versucht zugleich die Gemeinde über die gesetzlichen Ausnahmebestimmungen aufzuklären.


5. Akt: Geld und Kanal, Winter, Frühjahr 2011

K. erhält einen Erlagschein. Es geht um die Kanalanschlussgebühr. Die Kosten übersteigen sein (sehr spärliches) Jahreseinkommen, Ersparnisse sind keine da.
Die Behörden haben dafür kein Verständnis.


6. Akt: Kanal und Landwirtschaft, 2011 – Frühjahr 2012

K. studiert wieder das Gesetz, diesmal das OÖ. Abwasserentsorgungs-gesetz und findet wieder Ausnahmen. Land- und forstwirtschaftliche Betriebe müssen sich nicht an den Kanal anschließen. K. stellt einen diesbezüglichen Antrag, was aber weder die Gemeinde noch das Land Oberösterreich gutheißen. Weil K. weiterhin den Anschluss zum Kanal nicht herstellt wird er mit einer Geld- bzw. Freiheitsstrafe bestraft. Er beruft gegen die Strafe, wie auch gegen seine Nichtanerkennung als Landwirt.


7. Akt: Verwaltungsgerichtshof Wien, Frühjahr 2012 - …?

Die Frage, wer ein Landwirt ist und wer nicht, beschäftigt seit über einem Jahr den Verwaltungsgerichtshof. Kulturelle Veranstaltungen finden keine mehr statt.



Idee, Text, Gesamtleitung: Peter Arlt
Stimmen: Doris Schüchner, Ferry Öllinger und Harald Bodingbauer
Dramaturgische Beratung: Silke Dörner
Musik und Produktion: Armin Lehner

http://www.fdr.at

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