aktionen + temporäre bauten
 
forschung + entwicklung
 
kommunikationsformate
 
vorträge + workshops
 
publikationen
 
 
intro
 
aktuell
 
biografie
 
kontakt
 
partner
 
der öffentliche raum der stadt (26)
 
boris sieverts (künstler, köln), volkshaus pichling/linz, 2008
 


georg ritter (=gr.) im gespräch mit boris sieverts (=bs)

...
Gr.: du unterscheidest ja zwischen hübschheit und schönheit.

Bs.: ja, - es benutzen zwar alle das wort schönheit, aber die einen meinen damit hübschheit, der lokalpolitiker - und was ich meine ist ästhetische nachhaltigkeit. Die anästhesie ist ja die bewußtlosigkeit und eine ästhetische sache ist eine die ich bewußt wahrnehme, egal ob häßlich oder schön. Ästhetische nachhaltig ist eine sache, die ich immer wieder bewußt wahrnehme. Das geht über monumentalität, wie die pyramiden, über erhabenheit, wie der kölner dom, der mir von aussen nicht viel gibt, aber wenn ich reingehe habe ich immer dieses boah-gefühl. Aber für stadt geht dieses „aus einem guß" nicht. Stadt kann ästhetische nachhaltigkeit nur durch brüche, durch kontrast- und strukturreichtum erreichen. Da gehören durchgestaltete bereiche auch dazu: wenn ich aus brachfläche komme gibt es keinen stärkern kontrast als ein flughafengebäude zu betreten. Die frage ist, bis zu welchen masstab wird durchgestaltet. Die solarcity ist schon viel zu viel durchgestaltet - ich finde es wahnsinnig tot - gerade den öffentliche raum.

Publikum: warum finden sie den raum tot ?

Bs.: ich habe heute, und heute war ja ein schöner tag, abgesehen von ein paar leuten mit hunden niemanden gesehen, auch nicht in den gärten. Aber die hauptsache ist, dass der raum keine überraschungen bereitet und keine veränderung mitmacht. Also wenn ein raum nicht durch erhabenheit ästhetisch nachhaltig ist, sondern durch seine brüche, dann zähle ich veränderungen dazu: brüche können auch in der zeit stattfinden, indem sich etwas ständig verändert.

Publikum: das heute niemand da war ist klar. Heute war ein normaler arbeitstag - die sind arbeiten - frauen wie männer.

Bs.: da fängt es ja schon an. Es gibt kein eingestreutes gewerbe - es ist ein reines wohngebiet.

Publikum: das war bewußt so geplant: wohn- und erholungsgebiet. Die häuser sind sehr sonnig, kein haus wirft einen schatten auf den anderen, es gibt unterschiedliche häuser. Ich empfinde es nicht als toten raum - im gegenteil: unheimlich lebendig. Fast alle wohnungen haben gärten zum selber gestalten, ein see wurde ausgebaggert, spielplätze und wenn sie samstag oder sonntag vorbeikommen, dann ist hier viel los.

Bs.: ich finde es als fehler, dass kein gewerbe da ist.

Gr.: also aus deiner sicht ist es tot, weil nur zu gewissen zeiten, also nur am wochenende was los ist - und sonst ist tote hose.

Publikum: der raum selbst ist genau vorgegeben - der erlaubt keine freiheit. Jeder hat seinen garten, sein sonniges wohnzimmer. Die kreativität beschränkt sich bei jedem auf die gleichen räume.

Bs.: es ist hier alles sehr im rahmen - und sehr korrekt: ich habe vor kurzem gelesen: gute städte brauchen schlechte menschen. Und sie brauchen schlechte räume, auch müll hie und da - es ist immer eine frage des massstabes.
(...)
also wenn ich die solarcity in eine meiner touren einbauen müßte - also sie könnte mir schon gefallen, eventuell, aber ich müßte nachdenken wie ich in die solarCity komme, wie ich sie so in szene setzen könnte mit der wegabfolge, dass sie eine kleine offenbarung wird: ich würde kilometerweise durch das voestgelände gehen, nur dreck und feuer, dann kämen wir zur traun, da würde ein floß auf uns warten zum übersetzen und dann würden wir uns durchs unterholz schlagen und stünden aufeinmal vor so einem cleanen golfrasenartigen sportplatz. Dann wäre das vielleicht eine offenbarung - kann sein. Aber es wäre eben auch schön wenn man solche offenbarungsmomente auch in der siedlung selbst hätte - und das bezweifle ich.
...

prefetch prefetch prefetch prefetch prefetch prefetch prefetch prefetch prefetch prefetch