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der öffentliche raum der stadt (25)
 
michael koch (architekt und stadtplaner, hamburg)
volkshaus kleinmünchen/linz, 2008
 


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Pa.: großwohnsiedlungen, speziell jene der 60- und 70er-jahre haben ja meist einen schlechten ruf. Wie kommt das ?

Mk.: eine generelle einschätzung und beurteilung der großwohnsiedlungen geht nicht. Darin liegt schon das erste problem. Es gab in den 60er-jahren das leitbild: urbanität durch dichte, und das hat dann diese wohngebirge aus beton und glas erzeugt, oft in fertigteilbauweise. In der damaligen zeit sind die unheimlich begeistert diskutiert worden: nutzungsmischung, versorgungseinrichtungen in den hoflagen usw.. Wenn man heute durchgeht ist man nicht mehr begeistert.
Wo entsteht das stigma ? es entsteht einerseits durch eine verantwortungslose presse. Es entsteht auch durch die massive ansiedlung von sozial benachteiligten, also eine falsche belegungspolitik. Aber das hat mit architektur und städtebau rein gar nichts zu tun. Man muß jedenfalls sehr genau hinsehen warum manche dieser siedlungen probleme haben.
Wir haben eine solche 60er-jahre siedlung mit großen strukturen in hamburg untersucht. Das erste problem war, das der geplante u-bahnanschluß nicht kam. Die siedlung war abgehängt. Das nächste war die systematische ansiedlung von sozial benachteiligten aus sanierungsgebieten. Da muß man sich dann nicht wundern.
Städtebaulich waren die siedlungen auf der höhe der zeit: man hatte an den verkehrsanschluß gedacht, öffentlicher verkehr - wurde manchmal nicht realisiert -, man hat an gemischte nutzung gedacht, an versorgungseinrichtungen, an arbeitsplätze, damit die leute nicht pendeln müssen. Man hat aber die rechnung ohne den markt gemacht: geschäfte haben sich nicht angesiedelt, schon gar nicht so „tante emma-läden" was man gern gehabt hätte. Es kamen supermärkte, die mit dem auto aufs engste verbunden sind. Der siedlungsbezug, d.h. versorgungseinrichtungen innerhalb der siedlung entlang der fußwege konnten nicht realisiert werden und arbeitsplätze kamen auch nicht. Die stadt hatte diese steuerungselemente nicht.

Pa.: das war nun eine aufzählung städtebaulicher kriterien, an denen man solche wohnsiedlungen messen kann, wo man auch die verantwortung der städtebauer und architekten festmachen kann.

Mk.: verantwortung haben wir schon - nur schätzen wir auch unsere möglichkeiten richtig ein ? wir müssen uns nur bewußt sein, dass wir nicht durch einen plan das alles in den griff bekommen. Wir wünschen uns immer erdgeschoßläden und zeichnen das dann in den plan ein - am platz sind cafes und boutiquen, die leute sitzen im öffentlichen raum. Und dann kommt der markt und macht irgendwo ein einkaufszentrum und die erdgeschoßläden und der öffentliche raum bleiben leer. Jetzt kann man sagen: dumm gelaufen, kapitalismus .. - oder: gibt es nicht andere strategien, muß sich planung nicht anders einbringen ?
planung kann nichts hoheitsliches sein. Ich muß überlegen ob ich nicht durch managementstrukturen, beteiligungsstrategien, auch durch marketing ein vierteln so stark verankern kann, auch bei entscheidungsträgern und wirtschaftstreibenden, dass die dann da hingehen wollen. Nur so kanns gehen.

Pa.: ist dann die aufgabe der städtebauer weniger das bauen, als vielmehr das organisieren eines prozesses für und mit den zuküftigen nutzern: also wie bekomme ich leben in die strukturen tatsächlich rein. Überlegt man überhaupt in diese richtung oder ist das dann ausschließlich die aufgabe der verwaltung.

Mk.: nein, da müssen wir auch mitüberlegen. Einerseits muß man zur kenntnis nehmen das großwohnsiedlungen fast nie fertig gebaut werden: sie sind fragmente eines größeren plans. Die Gebiete entstehen in etappen, aber jede etappe muß für sich funktionieren und darf nicht auf das noch-nicht-gebaute angewiesen sein. Man muß vielmehr in teiletappen denken. Das ist ein punkt.
Und das zweite ist das miteinbeziehen anderer akteure, die so ein gebiet erst zu einem städtischen, multifunktionalen gebilde machen.
Wenn man allein an die verwaltung denkt, dann fehlt es oft an interner kommunkation. ein beispiel: Für einen „schwierigen" stadtteil in hamburg finanziert die eine abteilung der stadtverwaltung ein kleines forschungsprojekt „housing improvement district", wo man versucht die wohnbauträger und die privaten eigentümer für die gestaltung des öffentlichen raums zu gewinnen. Eine andere abteilung, das schulamt, schließt eine schule. Das ist eine absolute katastrophe. Und soetwas muß man in einem planungsprozeß zusammenbringen.

Pa.: der ablauf ist immer der gleiche: zuerst der planungsprozeß mit architekten und planungsamt, dann werden die wohnungen an einem wohnbauträger übergeben mit ihren verwaltern und es soll dann alles von selbst laufen. Und wenn es dann nicht von selbst läuft und probleme kommen, dann kommen polizei und sozialarbeit ins spiel. Sollen die planer auch nach fertigstellung am gebiet dranbleiben, oder soll man stadtteilarbeiter anstellen ?

Mk.: da würde man den architekten überfordern. durch die architektur, also durch die gestalt kann man das leben nicht beeinflussen. Als städtebauer hat man auch die aufgabe wichtige leute miteinzubeziehen, die sich mit sozialen oder wirtschaftlichen prozessen auskennen. Also wenn dann im team, und im team können zu unterschiedlichen phasen auch unterschiedliche leute die federführung innehaben.

Pa.: aber es braucht einen koordinator ?

Mk.: naja, eine ansprechstelle schon. Wenn man sagt es braucht einen kümmerer, dann heißt es ja gleich: ohne den geht es nicht. Und in manchen gebieten brauchts das auch nicht. Da reicht dann ein hausmeister.

Pa.: hausmeister gibt's ja nicht mehr, das ist ja ein aussterbender beruf.

Mk.: ja, - man muß jedenfalls solche siedlungen mit aufmerksamkeit verfolgen und schauen ob man angebote machen soll. Ich bin skeptisch wenns immer jemanden gibt, der den leuten zur hand geht, quartiersfeste organisiert zu denen dann niemand geht - es darf jedenfalls nicht von oben herab passieren. .....

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