der öffentliche raum der stadt (22)
max rieder (architekt), transpublic linz, 2008 |
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p.a.: du hast ja - durch wettbewerbe - auch linzbezug. Fangen wir mit dem neuen musiktheater an.
m.r.: man kann mit architektur schon standorte aufwerten und insofern macht der standort blumau schon sinn, weil dort wenig reiz vorhanden ist. Die springende punkt ist allerdings: wenn ich ein theater besuche, will ich entweder vor oder nach dem theater durch die stadt gehen. Das musiktheater das hier gebaut wird ist offensichtlich ein tiefgaragentheater - man fährt mit dem auto hinein und kommt oben irgendwo heraus. Niemand wird über die landstrasse und dann durch den volksgarten ins theater gehen. Das das foyer beim volksgarten ist, ist grenzenlos naiv. Wenn man in wien über den ring ins burgtheater gehen kann wird man in linz auch über die strasse ins theater gehen können. beim linzer theater baut man eine gute seite, die noch dazu für die wenigsten menschen wichtig sein wird, weil die wenigsten durch den park zum theater kommen - aber vor allem macht dieses theater drei wahnsinnige rückseiten zur stadt. Also das ist der städtebauliche wahnsinn bei diesem projekt, weil man ja auch weiß was an rückseiten von theatern passiert, wenn sie nicht öffentliche werkstätten und ähnliches haben. Eigentlich eine städtebauliche bankrotterklärung.
Ich hätte es als keinen nachteil gesehen wenn das theater am alten unfallkrankenhausgelände situiert worden wäre. Man hätte dann immer noch die strasse unterflur machen können - dann wäre eben der volksgarten bis dahin gegangen, aber ich baue doch nicht das theater am volksgarten. Wie soll sich den der volksgarten, indem sich auch bestimmte soziale schichten aufhalten, - in bahnhofsnähe - jemals repräsentativ werden ? da baut man doch alle probleme ein die es überhaupt gibt - da braucht man in zukunft ein anderes budget für den park.
p.a.: der wird dann schon gereinigt werden - in jeder hinsicht.
m.r.: ja, eh - aber da ist sehr viel städtebaulich nicht verstanden worden. Vielleicht noch kurz zum lentos: da ist mir der durchblick als städtebauliche geste zu wenig. Da müßte man überlegen, welches nutzungsmilieu sich da ansiedeln liese. Aber das gebaute ist ein massstab den kein mensch mehr erträgt, auch weil es ja dahinter nicht weitergeht - keine prachtstrasse oder eine entsprechende brücke. Es stellt sich die frage: was ist das für ein raum: für großskulpturen, für gastronomie, für obdachlose ? er ist gar nichts - es weht - genau so deppert wie die donaucity in wien. Es ist unmöglich sich dort aufzuhalten und als hohle ästhetische geste zum durchschauen ist es belanglos. Es hat keinen reiz. Es hat keinen körperraum. Wer setzt sich da freiwillig darunter ? das müßte man inszenieren. Man könnte den raum zur aneignungsfläche erklären oder als flohmarktfläche ...
publikum: die idee war ein skulpturenpark
p.a.: aber da war noch nichts dergleichen bisher
m.r.: aber da muß man sich einen serra oder einen heinzer erst einmal leisten können. Das ganze hat eine ungeheure großzügigkeit und man muß sich fragen ob diese großzügigkeit angemessen ist. Kann diese stadt mit dieser großzügigkeit umgehen oder gibt es eine entsprechung wie diese großzügigkeit angenommen werden kann.
Wichtig ist die frage, ob dieser ort auch alltagsort werden kann und nicht nur für die da ist, die dort eine eintrittskarte fürs museum kaufen wollen. Könnte es zb. nicht der ort sein, an dem ich mich immer an den fluß setze. Aber jetzt hält man es dort nicht aus, da wird man wahnsinnig. Man müsste da eigentlich einen lkw-abstellplatz machen: da fahren die transporter hinein - das ist ein terminal. Das gehört da hinein, das ist der passende massstab. Das wäre ein kunstprogramm für 2009.
Da hat die architektur etwas gewollt was städtisch nicht eingelöst wird. Wenn sich architekten manchmal überlegen welche sozialen mileaus sie kreieren, und nicht nur auratische vorfelder für kunstmuseum machen würden - beim lentos wird man nicht aufgenommen.
Publikum: man findet ja auch den eingang kaum.
Pa.: was du fürs architektonische beschreibst, trifft auch fürs bespielen zu. Es gibt zuwenig geld für die - zu große - hülle. Auch da klaffen politischer anspruch und wirklichkeit auseinander - sozusagen zu großzügig gedacht. es fehlt ja auch ein entsprechendes publikum in linz, damit die von der politik gewünschten besucherzahlen realisiert werden könnten.
Aber nun noch zum aec-neubau, wo du auch beim wettbewerb teilgenommen hast.
m.r.: beim aec habe ich mir immer gedacht, dass man in die falsche richtung erweitert. Eigentlich gehört das zum neuen rathaus hinübergebaut, damit der blöde platz vorm rathaus einen sinn bekommt und zum raum wird. es wäre die chance gewesen einen platz zu sanieren. Und der jetzt verbaute platz hat ja einen spezifischen wert gehabt und das andere hat keinen wert, diese flugzeuglandepiste. Es geht städtebaulich in die falsche richtung.
p.a.: aber das ist ja ein problem der ausschreibung. Dein eingereichtes projekt ging richtung brücke und rathaus ?
m.r.: natürlich - darum habe ich ja da von vornherein nichts gewonnen. Aber soviel freiheit muß man sich schon bewahren.
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