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der öffentliche raum der stadt (13)
 
ernst molden (musiker, autor, wien), transpublic, linz, 2006
 


Em.: bei mir ist es generell so, dass wenn ich mein haus verlasse die bereitschaft zu schauen was die leute treiben relativ groß ist. Also wenn ich nichts erleben will, wenn ich mich sammeln will bin ich zuhause, wenn ich mich zerstreuen will, dann gehe ich raus. Da gibt es so eine gewisse grundaufmerksamkeit, egal ob ich zugfahre oder im cafe alt-wien sitze.

Pa.: du bist also weniger mit dir beschäftigt wie viele leute, die zb. beim zugfahren dann lesen, kopfhörer im ohr haben oder in den laptop schauen.

Em: leute, szenerien zu beobachten ist eine selbstbeschäftigung, eine sehr solipstische tätigkeit, weil man ja das beobachtete ununterbrochen in relation zu sich selbst setzt. Der beobachter ist ja immer mehr teil des beobachteten als er gern wäre.

Pa.: aber es ist schon etwas andere als dieses autonomistische oder autistische verhalten der leute die sich von ihrer umgebung abschotten. Und du bist ja quasi immer mit dem beschäftigt was um dich drumherum ist.

Em: es fällt mir schwer mich davon zu lösen.

Pa.: du bezeichnest dich als strawanzer

Em: das kommt eigentlich aus irgendeiner zeitungskritik, aber ich widersprech dem auch nicht, weil strawanzen ist irgendetwas nettes weil der mensch der strawanzen geht hat zumindest am anfang der strawanzerei steht ein grund oder ein anlass. Bummeln ist zweckfrei oder dem möglicherweise folgenden einkauf gewidmet. Strawanzen heißt: ich habe einen weg, aber den legt man so an, - also mit umwegen. Und das ist dann die strawanzerei. Früher war ich selbstbestimmter in der strawazerei, jetzt sind es eher die kinder, die einen lähmen: man kommt nicht ganz soweit herum bei der strawanzerei. Aber ich versuche die kinder zur strawanzerei zu erziehen. Also wenn ich in den ersten bezirk gehe, dann gehe ich in ein spezielles musikgeschäft wo es spezielle seiten gibt und dann bin ich in der nähe von zwei ganz bestimmten cafehäusern und versuche meine zwei älteren kinder da auch mitzunehmen und einzuführen und denen taugt es ja auch wenn der nico kommt im cafe alt-wien und ihnen einen riesigen kakao hinstellt. Es ist ein irrtum das kinder immer nur am spielplatz gehen wollen.

Pa.: also strawanzen ist nicht ein zielloses herumstreifen in der stadt.

Em: nein, aber ich kann mir nachher anhören: das hättest aber in einer halben stunden erledigen können - wenn du vier stunden später zuhausekommst.

Pa.: und die sachen die dir da am weg passieren oder unterkommen, die werden dann zu geschichten und lieder verarbeitet - wie geht das ?

Em: naja, nicht gleich. Ich betreibe mit viel passion und liebe wienjournalismus für in- und ausländische medien und bin daher mit gewissen biotopen in verbindung oder habe an denen schon einmal geforscht, - reportagenmäßig. Und wenn mir das gefallen hat, dann versuche ich das nicht abreißen zu lassen und suche diese orte wieder auf. Ich lebe in einer sehr inspierenden gegend, also in wien-mitte in der nähe zum stadtpark, ich bin auch der einzige bewohner von wien-mitte der sagt der bahnhof wien-mitte ist schön und muß stehenbleiben wie er ist. Also wien-mitte ist eigentlich nur der bahnhof, wo man aber bei genauen hinschauen schon alles begreifen kann von migrationsproblemen bis zu schichtenverwerfungen in wien.

Pa: schichtenverwerfungen ? was ist das ?

Em: also der dritte bezirk war lang ein bürgerlicher bezirk, für jene bürger die nicht in den 13. oder 19. bezirk ziehen wollten sondern in der stadt bleiben wollten lebten hinter dem stadtpark. Und jetzt zerfällt der bezirk in 30% bobos, die sich die schöneren wohnungen nehmen.

Publikum: was sind bobos ?

Em.: bourgeoise bohemiens. Leute zwischen 30 und 50, die mit dem liberalen weltbild der 68er-generation das neue unternhmertum der 80er jahre verknüpfen. Also sind alle auf kohle, sind aber zutiefst links-liberal von der weltanschauung her. In wien gibt es so bezirke, der zweite bezirk ist in den letzten 10 jahren boboisiert worden. Und der dritte bezirk wird es nun, wobei er weiter hinter zu grindig ist und die lokale für die bobos fehlen noch und dort verelendet es zum teil sehr, auch rechtlos-kriminell. Und an dem bahnhof muß man sich nur eine halbe stunde hinstellen und man begreift das. Ich behaupte es gibt plätze in der stadt wo man grundlegende abläufe durch genaue beobachtung begreifen kann.

Pa: und das sind die orte die dich interessieren

Em: wobei ich die nicht so bewußt aufsuche, sondern weil ich da irgendwannmal vorbeigekommen bin oder weil ich dort lebe und dann fällt mir das auf. Also ich suche nicht nach diesen orten.

Pa: aber es sind orte mit „schichtenverwerfungen", wo unterschiedliche soziale schichten aneinanderstoßen und keine eindeutige zuordnung möglich ist. Wobei ja die tendenz eher richtung segregation geht, also stadt in unterschiedliche aber sozial homogene viertel sich aufsplittet.

Em: da ist mir aber fad

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