volkstrinken
pavillon der volksbühne, berlin, 1998 |
"...peter arlt erklärt die angewandte trinkkunst zum kunst-konzept: vor dem pavillon der volksbühne hat sich ein kurioses gemisch aus passanten, kunstvolk, touristen und kampftrinkern angesammelt. Man sitzt auf wackeligen plastikhockern, die den einen oder anderen nach fortgeschrittenem bierkonsum nicht mehr so richtig zu stützen vermögen, und folgt einem recht simplen procedere: der pavillon ist voll mit bierkästen und die werden sukzessive leergetrunken. Je leerer die kisten, desto voller die gäste. Getrunken wird dort, wo es nach dem allgemeinen sicherheits- und ordnungsgesetz verboten ist: im öffentlichen raum. ...
peter arlt ist soziologe und seine aktion bezeichnet er nicht als kunst, sondern als experimentelle soziologie. Er schafft eine situation, initiiert einen prozeß und beobachtet, was passiert. ... jeder, der kommt, ist zugeich produzent und konsument. Rezeption heißt teilhaben und kunst heißt, was zu erleben. Sie schafft ein moment der kommunikation und integration; den versuch, das verhältnis zwischen dem einzelnen und seinem gegenüber wieder auszuloten. ...
in den fünfiziger jahren verhalfen die situationisten, angeführt von guy debord, der pariser kneipe ‚moineau' zum legendenstatus. Alkoholisiert bis zum anschlag, entwickelten sie zwischen clochards, altgewordenen söldern und seeleuten eine theorie der situationisten aktion. Auf der basis von soziopolitischen analysen und alltagsforschung proklamierten sie die überwindung der kunst durch das schaffen realer zusammenhänge, durch die unmittelbare intervention in den gegenwärtigen sozialen raum." (aus: d. von hantelmann: je leerer die kisten, in: zitty 12/98)